Am Donnerstag, den 21.06.2012 stimmt der Kreistag des Landkreises Oberspreewald-Lausitz erneut über das rassistische Gutscheinsystem ab. Ein Kreistagsbeschluss ist zwar für die Verwaltung nicht bindend ist, weshalb der erste Beschluss für eine Abschaffung nicht umgesetzt wurde. Nichtsdestotrotz werden wir einen Tag nach dem internationalen Tag der Flüchtlinge die Gelegenheit nutzen, den „Entscheidungsträgern“ und der Öffentlichkeit unser berechtigtes Anliegen ein weiteres Mal zu erklären.
Am Donnerstag, 21.06.2012 wollen wir im Rahmen einer Demonstration, die um 14:45 Uhr am Vetschauer Bahnhof startet, und anschließender Kundgebung vor dem Sitzungssaal des Kreistages unseren Forderungen Nachdruck verleihen. Außerdem werden wir die Kreistagssitzung kritisch begleiten und genau beobachten, welchen Parteien die Menschenwürde, der Gleichheitsgrundsatz und ein integratives Klima im Landkreis wichtig sind und welchen nicht.
Als Gutscheinsystem bezeichnet man die Praxis, Asylsuchenden und Menschen in Duldung die Sozialleistungen statt in Bargeld in Wertmarken auszuzahlen. Asylsuchende und Menschen in Duldung bekommen generell keine Arbeitserlaubnis und erhalten nur etwa die Hälfte der sonst üblichen Hilfe zum Lebensunterhalt (70% laut Asylbewerberleistungsgesetz, wobei die Summe seit 1993 nicht erhöht wurde). Durch die Gutscheine müssen sie obendrein auch noch auf einen Teil davon verzichten, weil diese nach kurzer Zeit verfallen, also nicht gespart werden kann, und nur 10% des Einkaufswertes als Restbetrag in bar ausgezahlt wird. Viele Familien und Menschen leben so schon seit Jahren in Abhängigkeit.
Gründe gegen die Gutscheine gibt es viele. Die Ausgabe von Gutscheinen entspricht einem rassistischen Entzug der Entscheidungsfreiheit, da Flüchtlinge damit entmündigt und mit nur 40 € Bargeld im Monat gesellschaftlich und kulturell ausgegrenzt werden. Außerdem fördert dieses System eine Diffamierung von Flüchtlingen, da ein Einkauf mit Gutscheinen sie stigmatisierend aus der Kundschaft hervorhebt. Das strukturelle Arbeitsverbot bleibt dabei entnannt. Die Gutscheine sind nur in bestimmten Geschäften einzulösen. Telefonkarten, Briefmarken, Bücher, Spielzeug, Eintritte in kulturelle Einrichtungen oder Sportveranstaltungen sind mit Gutscheinen genauso wenig zu bezahlen wie Anwaltskosten, Fahrgelder oder Medikamente.
Die Mehrheit der Landkreise zahlt die Sozialleistungen an Flüchtlinge bereits in Bargeld aus, da jedem Landkreis dieser Ermessensspielraum laut Asylbewerberleistungsgesetz zusteht. Weiterhin verhandelt das Bundesverfassungsgericht am 20.06.2012, ob dieses Gesetz, welches die Gutscheinausgabe regelt, ein menschenwürdiges Existenzminimum sicherstellt. Die Kreisverwaltung hat also nichts zu verlieren, sondern nur zu gewinnen, da eine Auszahlung in Bargeld überdies ökonomisch sinnvoll ist, da Gutscheine erst kostspielig hergestellt werden müssen.
Wir fordern eine Abschaffung des Systems und eine humane Behandlung für alle Menschen, unabhängig von Staatsgrenzen und rassistischem Kategoriedenken.